WAVE 2014 – Der Elektroauto-Weltrekord aus Teilnehmer-Sicht

Luftaufnahme des gelungenen Elektroauto-Weltrekords  Foto: WAVE 2014
Das mit einer ferngesteuerten Drohne erstellte Luftbild des gelungenen Elektroauto-Weltrekords Foto: WAVE 2014

 

E-mobiler Weltrekord in Stuttgart, also fast vor der Haustür – und auch noch einer, bei dem das Mitmachen möglich ist? Keine Frage, da muss ich meinen Zoe und mich anmelden und dabei sein!

Hier in Volkers Blog erfuhr ich zwei Monate vorher davon und las wie verlangt gründlich die detaillierte Vorabinformation. Das klang nach durchdachter Organisation, präzise wie ein Schweizer Uhrwerk… sehr gut. So individuell E-Mobilisten auch sind, ein unkoordinierter Stau-Haufen aus 500 Fahrzeugen wäre keine Freude. Also verkündete ich umgehend  :

„So, angemeldet. Bin gespannt, ob diesmal 500 E-Autos zusammen kommen :)“

Dieses Ziel schien wohl bis zuletzt fraglich zu sein – vom Organisator Louis Palmer kamen im Laufe der nächsten Wochen einige nette Erinnerungsmails mit aktuellen Infos und Aufrufen, für die Veranstaltung noch Teilnehmer zu werben, die letzte schickte er gerade mal zwei Tage vorher. Meiner Lokalzeitung  war der Rekordversuch leider keine Zeile wert, auch nach der Veranstaltung fand ich nichts. Ob es an der traditionellen Rivalität zwischen Badenern und dem schwäbischen Stuttgart liegt? 😉

An Desinteresse am Thema E-Mobilität lag es sicher nicht, über die beiden neuen Car-Sharing-Zoes in Sulzfeld hatte die BNN ausführlich in einer schönen Reportage berichtet (nicht online verfügbar, daher nur der Hinweis auf diesen Bericht). Dafür aber war das Fernsehen vor Ort und berichtete abends in der SWR Landesschau Baden-Württemberg. Leider ist der Clip inzwischen wieder aus der SWR-Mediathek entfernt worden.

Der große Tag rückte näher, die persönliche Feinplanung begann.

60 km Hinweg über B35 und B10, vielleicht noch ein bisschen Mitfahren mit der WAVE nach Bietigheim, dann durch den noch ladesäulenfreien Kraichgau zurück – hm, das könnte knapp werden mit 130 km Reichweite… und die sechs kostenlosen Säulen im Mercedes-Museum werden garantiert belegt sein. Also suche ich mit Plugfinder an Stuttgarts westlichem Stadtrand eine Ladestation (eine EnBW-prepaid-Karte liegt immer im Handschuhfach). Zuffenhausen direkt beim Porschewerk klingt gut, sollte diese defekt sein, gibt es in der Nähe noch mehrere andere.

Der Weg war also geklärt, wie musste ich den Wecker stellen? 8 Uhr Eintreffen minus eine Stunde Anfahrt minus eine halbe Stunde Lade-Weile macht – uah! – spätestens halb 7 Uhr Abfahrt. Hat ja keiner behauptet, dass Weltrekorde leicht zu erringen sind.

Im Frühtau im ZOE auf nach Stuttgart

Der Morgen des 31. Mai brach an und versprach einen wolkenlosen, wunderbaren Tag. Da wir auf einen Bäcker oder ein Café in der Nähe des Zwischenstopps hofften, gab es daheim nur schnell einen Cappuccino und um 6:20 Uhr ging’s los, die Straßen am frühen Samstag noch menschenleer.

Es war einfach traumhaft, lautlos in den frischen Morgen zu gleiten: Die Vögel zwitscherten, fast klischeehaft glitzerten Tautropfen im warmen Licht der gerade aufgegangenen Sonne, ein leichter Nebel stieg aus dem Flusstal der Enz. So hätte ich endlos weiterfahren können… Doch Zuffenhausen war schnell erreicht, die groß und deutlich beschilderte Ladestation auf dem Gelände eines Supermarkts funktionierte auf Anhieb. Leider machte das kleine Café wie das Geschäft erst um 8 Uhr auf, da wollten wir eigentlich schon am Treffpunkt sein. Der einzige Frühstücksverkauf in der Nähe war, Ironie des Schicksals, eine Tankstelle – und ihre Kaffeemaschine defekt. Milchkaffee aus dem Kühlregal tat’s auch, half mit frischer Brezel die kurze Wartezeit zu überbrücken.

WAVE 2014 Versammlung E-AutosBei der Anfahrt zum Neckarpark nahmen wir immer mehr E-Fahrzeuge wahr, die in die gleiche Richtung wollten. Eine spezielle WAVE-Ausschilderung gab es nicht, aber das Mercedes-Museum ist ja nicht zu übersehen und schnell war auch das „Departure“-Tor gefunden.

Viele freundliche Helfer leiteten die heranströmenden E-Mobile auf ihre Plätze. Ganz vorne positionierten sich die Rallye-Teilnehmer der WAVE, links vor dem Gebäude die kommerziellen Car-Sharing-Flotten und die Zweiräder, rechts auf einem Nebenparkplatz sammelten sich die individuell angereisten Fahrer. Ein kleines bisschen kam man sich schon wie bei Aschenputtel vor: Die guten ins Töpfchen, die schlechten… Wie schon die Zoepionierin Jana schrieb, wäre der Rekord ohne die vielen Flottenfahrzeuge sicher nicht zustande gekommen – aber ohne die vielen engagierten Einzelnen, die einen freien Samstag opferten, ebenso wenig. Netter Zufall: Jana parkte ihren schwarze Zoe direkt neben meinem weißen ein, es hat mich sehr gefreut, die Autorin des gern gelesenen Blogs persönlich begrüßen zu können.

Viele, viele bunte Elektroautos mit gut gelaunten Fahrern

Da noch ein bisschen Zeit bis bis zum Start der Parade war, wanderten wir herum und bewunderten die verschiedensten Marken und Varianten, vom selbst umgerüsteten VW-Bulli über E-Smarts (sogar mit Wohnwagen), vielen Zoes, Leafs, Tesla Roadstern und und und…

Smart mit Wohnwagen

Wenn ich mir einen hätte aussuchen dürfen, wäre es der extra aus Dortmund angereiste Tesla in der weinrot glitzernden Erstbesteller-„Signature“-Edition gewesen. Genauso bunt gemischt wie die Autos waren die Besitzer, oft hatten ganze Familien den Anlass zu einem Ausflug genutzt. Wieder beeindruckte mich ein Tesla: „Ich habe fünf Kinder“, sprach der Fahrer und klappte mit wenigen Handgriffen die Zusatzbank mit zwei weiteren Sitzplätzen aus dem Kofferraumboden.

Überall plauschte und fachsimpelte man, die Stimmung war heiter-entspannt und blieb es auch, als die Politiker eintrafen. Mir ist jedenfalls kein einziger Body-Guard aufgefallen, nur durch die Pressefotografen merkte man, dass „Großkopferte“ wie Baden-Württembergs Verkehrsminister Hermann und Stuttgarts grüner Oberbürgermeister Kuhn kamen. Ihre offiziellen Begrüßungsreden waren angenehm kurz und wirklich volks-nah, wir standen schlicht im Kreis um die kleine Gruppe herum.

Ansprache der Politiker

Die Spannung steigt – reicht es für den Rekord?

Nach letzten kurzen Anweisungen durch Louis Palmer ging’s endlich los. Nach und nach reihten sich die Fahrzeuge in die lange Schlange ein, wir umrundeten Museum und Stadion und bogen flott in den Tunnel ein. Besonders beeindruckte die Stille – kein Gestank, kein Lärm außer Jubel-Hupen 🙂 Nur schade, dass es durch das abgesperrte und abseits der Stadt gelegene Gelände bloß wenige Zuschauer gab, aber wegen der von Guinness World Records vorgeschriebenen Bedingungen wäre das Vorhaben in Stuttgarts Talkessel wohl undurchführbar gewesen. Ein große Runde um einen Wasen-Parkplatz diente als „overflow“, so dass wir, ohne den Verkehr zu lange zu behindern, schön geordnet durchs Zieltor fahren konnten. Großartig, wie begeistert der WAVE-Tourmanager Stefan Schwarzkopf jedem seine Zieleinlaufnummer zurief und wie das Siegesauto Nummer 400 gefeiert wurde.

Auch die Aufstellung zum großen Herz mit Inschrift klappte rasch und ohne Parkblessuren, da viele fleißige Helfer am Vortag die Positionen mit Kreide aufgemalt hatten. Jubelnd winkten alle zur aufsteigenden Kamera-Drohne – der Rekord war geschafft!

WAVE 2014 Drohne

Da Hybride nicht zur Zählung zugelassen waren, konnte ich meinen sonst Ampera-fahrenden Mann als filmenden Beifahrer gewinnen. Statt seiner üblichen Videokamera nahm er die frisch erworbene Action-Cam Sony AS100  mit. Eigentlich ist das zigarettenschachtelkleine Gerät als Helmkamera für seine Radtouren gedacht, am Teleskop-Stock fing sie ungewöhnliche Perspektiven ein. Lassen wir zum Schluss also die bewegten Bilder für sich sprechen:

Herzlichen Dank an alle, die das ungewöhnliche Erlebnis möglich machten, allen voran  dem „Kopf“ hinter der WAVE, Louis Palmer. Gerne wieder – dann mit 1.000 E-Fahrzeugen, mindestens 🙂

Anne mit ihrem Renault ZOE

[box]Anmerkungen der Redaktion: Insgesamt waren es 507 Elektroautos, also sogar mehr als erwartet. Zählt man noch alle Segways, Elektro-Motorräder, Hybridautos und Pedelecs mit, waren es sogar 602 Elektro-Fahrzeuge. Nähere Infos dazu: ecomento.tv/2014

Gratulation auch von uns zu diesem tollen Weltrekord, der zeigt, dass die Elektromobilität immer mehr und mehr im Alltag vieler Menschen angekommen ist. [/box]

[box] Update vom 2. August 2014: Guinness World Records hat den Weltrekord in Stuttgart offiziell akzeptiert. Die Nachprüfung vom Foto- und Video-Material hat jedoch ergeben, dass nicht alle Fahrzeuge durch den Tor- und den Zielbogen gefahren sind, deshalb gilt nun die Zahl 481 (und nicht 507). [/box]

 

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